Bewertungsgesetz verlängert – Bundesfinanzhof prüft Verfassungsmäßig- keit der Erbschaftsteuer bei Grundbesitz und Betriebsvermögen

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Beschlüssen vom 22.6.1995 festgestellt, dass die Bewertung von Grundbesitz mit den Einheitswerten einerseits sowie die Bewertung sonstigen Vermögens mit dem Verkehrswert andererseits nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Daraufhin hat der Deutsche Bundestag im Jahre 1996 beschlossen, das Bewertungsgesetz zu ändern und für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer das Einheitswertverfahren durch die so genannte Bedarfsbewertung abzulösen, mit der ein Bewertungsniveau von 50 bis 70 Prozent der Verkehrswerte erreicht werden soll.
Die nach diesem Verfahren für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ermittelten Wertverhältnisse wurden zum 1.1.1996 für einen Zeitraum von sechs Jahren festgeschrieben. Es bestand Übereinstimmung, dass der durchschnittliche Preisanstieg auf dem Grundstücksmarkt in diesem Zeitraum weder zu inakzeptablen Wertverzerrungen innerhalb des Grundbesitzes noch im Vergleich zu anderen Vermögensarten führt. Von der Festschreibung der Wertverhältnisse versprach man sich eine Verwaltungsvereinfachung.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes, das am 9.11.2001 verabschiedet wurde, wurden die Wertverhältnisse zum 1.1.1996 für fünf weitere Jahre bis zum Jahre 2006 festgeschrieben.

Inwieweit dieses erst kürzlich verabschiedete Gesetz Bestand haben wird, bleibt abzuwarten, denn in einem aktuellen beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahren geht es u. a. auch um die Prüfung, ob die Vorschrift des Erbschaftsteuergesetzes in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 in Verbindung mit den Vorschriften des Bewertungsgesetzes wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungsgemäß ist. Der BFH hat das Bundesministerium der Finanzen aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Zweifel bestehen insofern, als
  • die Regelung im Erbschaftsteuergesetz die Anwendung eines einheitlichen Steuertarifs auf alle Erwerbsvorgänge vorsieht, obwohl Betriebsvermögen, (bebauter) Grundbesitz, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften nur mit einem Teil ihrer tatsächlichen Verkehrswerte in die Bemessungsgrundlage eingehen und übriges Vermögen mit dem gemeinen Wert oder diesem vergleichbaren Werten anzusetzen ist,
  • das Gesetz den ungekürzten Abzug der mit dem unterbewerteten Vermögen zusammenhängenden Schulden zulässt,
  • die in der Unterbewertung liegende Privilegierung keinem Nachversteuerungsvorbehalt unterliegt,
  • die der Begünstigung von "Betriebsvermögen" dienenden Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzes es zulassen, auch "Privat"-Vermögen durch einfache Rechtsformwahl (gewerblich geprägte Personengesellschaft; Kapitalgesellschaft) in den Begünstigungsbereich dieser Vorschriften zu bringen.

Anmerkung: Die Entscheidung wird unter Umständen gravierende Auswirkungen auf die zur Zeit vorteilhaftere Bewertung von Grundbesitz sowie Betriebsvermögen und damit auf die Erbschaftsteuer haben. Ob für Steuerpflichtige, die heute schon über die Übertragung von Vermögenswerten an die nächste Generation nachdenken, Handlungsbedarf besteht, sollte im Einzelfall überprüft werden. Die Finanzverwaltung teilt in einem Schreiben mit, dass sie ab sofort die Festsetzung von Erbschaft- und Schenkungsteuer für vorläufig erklärt und nicht bestandskräftig werden lassen will.

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